Als Petra Reiter, die Frau des Münchner Oberbürgermeisters und Schirmherrin des Netzwerkes Wohnungslosenhilfe im Haus an der Kyreinstraße eintrifft, einer niedrigschwelligen Einrichtung für wohnungslose Männer des Katholischen Männerfürsorgevereins München e. V. (KMFV), wird sie vom stellvertretenden Einrichtungsleiter Johannes Hiesinger an der Pforte begrüßt. Sichtlich erfreut über den Besuch führt er Petra Reiter ins Besprechungszimmer der Einrichtung. Dort befindet sich eine Küchenzeile, die auch für die Kochgruppe mit den Bewohnern genutzt wird.

 

Eine bereits vorbereitete Suppe, die später an die Bewohner ausgegeben werden soll, köchelt auf dem Herd. Im Gespräch mit den anwesenden Sozialpädagoginnen erklärt Hiesinger: „Die Raumkapazitäten hier im Haus sind sehr beschränkt. Daher nutzen wir diesen Raum für Gemeinschaftsaktivitäten der Bewohner sowie als Besprechungsraum für die Mitarbeitenden.“

 

Im Haus ist lautes Bohren zu hören. „Seit 2014 werden die Bewohnerzimmer bei laufendem Betrieb seitens des Hausbesitzers mit eigenen Nasszellen ausgestattet. Wir sind guter Dinge, dass die Bauarbeiten bis Mitte des Jahres abgeschlossen sind. Unabhängig davon suchen wir aktuell jedoch zusätzlich eine neue Immobilie, um dem weiter bestehenden Platzproblem entgegenzuwirken“, so Hiesinger.

 

Insgesamt bietet das Haus an der Kyreinstraße Platz für 50 Bewohner in Einzel- und Doppelzimmern. Neben dem Wohnheim mit 32 Plätzen besteht mit den 18 Plätzen der Therapeutischen Wohngemeinschaften (TWG) ein zusätzliches Angebot für psychisch kranke Wohnungslose.

 

Zusätzlich zu den 50 Plätzen im Haus hat der KMFV drei externe Plätze in angemieteten Wohnungen geschaffen für Bewohner, die sich in der Einrichtung soweit stabilisiert haben, dass sie dort im Rahmen von Betreutem Einzelwohnen (BEW) den nächsten Schritt in Richtung Selbstständigkeit unternehmen können. Weitere Wohnungen für Ein-Personen-Haushalte zur Anmietung durch den KMFV werden dringend gesucht.

 

Die Sozialpädagoginnen berichten anhand von Beispielen anschaulich, was die Arbeit in der Einrichtung ausmacht und vor welchen täglichen Herausforderungen sie stehen. Zielsetzung der Einrichtung ist die langfristige Unterbringung sowie psychosoziale und gesundheitliche Stabilisierung der Bewohner, die Förderung der eigenverantwortlichen Lebensführung, die Motivation für geeignete Resozialisierungsmaßnahmen und die Reduzierung des Suchtmittelgebrauchs.

 

Dabei hilft auch die intensive Kooperation mit dem Atriumhaus, das regelmäßig mit Frau Dr. Brandmeier eine Ärztin für Hausbesuche und Fallbesprechungen zur Verfügung stellt. Hierdurch können auch der Psychiatrie gegenüber skeptisch eingestellte Bewohner erreicht, diagnostiziert und behandelt werden. In Frau Dr. Kollmer bietet darüber hinaus eine praktische Ärztin wöchentlich eine Sprechstunde für die Bewohner in der Einrichtung an. Mit ihrer kompetenten und zugewandten Art erreicht sie auch Klienten, die trotz erheblicher Erkrankungen seit Jahren nicht mehr beim Arzt waren.  

 

„Die Hürden für den Einzug in das Haus sind bewusst sehr niedrig gehalten und an den Bedarfen der Bewohner orientiert. Wichtig ist, dass die Bewohner, die vor dem Einzug häufig lange auf der Straße oder in häufig wechselnden Einrichtungen verbracht haben, bei uns ankommen und das Wohnen unter einem festen Dach langsam wieder erlernen können. Zu große Hürden würde sie in ihrer aktuellen Situation wieder auf die Straße zurücktreiben. Natürlich müssen sich die Bewohner aber auch an die Hausregeln halten“, ergänzt Hiesinger.

 

Petra Reiter ist sichtlich angetan von den Schilderungen der Mitarbeitenden: „Es ist wirklich beeindruckend mit wie viel Engagement und Herzblut sie sich für die Bewohner im Haus einsetzen. Das ist nicht selbstverständlich.“

 

Um kurz vor 12 Uhr werden die letzten Vorbereitungen für die Ausgabe der Gemüsesuppe getroffen. Es war der ausdrückliche Wunsch von Petra Reiter, dabei mitzuhelfen. „Grundsätzlich wird bei der Aufnahme im Haus vorausgesetzt, dass sich die Bewohner eigenständig versorgen können. Hierzu stehen auf jeder Etage Gemeinschaftsküchen zur Verfügung. Einmal in der Woche bieten wir jedoch – gegen einen geringen Unkostenbeitrag – ein Mittagessen an. Bei der Zubereitung helfen Bewohner. Ziel ist es, diese für gesundes Essen zu sensibilisieren, das sie sich ansonsten nicht zubereiten würden. Zudem ist das gemeinsame Essen auch immer eine gute Gelegenheit mit den Bewohnern unabhängig von Beratungssituationen ins Gespräch zu kommen“, schildert Hiesinger.

 

Schon treffen die ersten Bewohner ein. Manche wollen die Suppe vegetarisch essen, andere freuen sich über eine Fleischeinlage. Nachschlag kann geholt werden solange der Vorrat reicht. Im Anschluss an die Essenausgabe nimmt sich Frau Reiter viel Zeit für intensive Gespräche mit den Bewohnern. „Der persönliche Kontakt und Austausch ist mir sehr wichtig“, sagt sie. Auch die Bewohner freuen sich, dass sich die Frau des Oberbürgermeisters für sie Zeit nimmt und wollen sie fast nicht mehr gehen lassen.

 

Zum Abschluss des Besuches erfolgte noch ein Rundgang durch das Haus, der bei den Bewohnerzimmern anfing, einen Einblick in die Gemeinschaftsküchen und ein neu umgebautes Zimmer bot und schließlich an der Pforte endete. Resümierend hält Petra Reiter fest: „Ich bin mit hohen Erwartungen in die Einrichtung gegangen. Ein Bekannter, der die Einrichtung persönlich kennt, hat mir vorab schon viel Positives erzählt. So habe ich auch von der Aktion ‚Zeit für wohnungslose Menschen‘ des Hauses erfahren, bei der sich Interessierte für ein paar Stunden an die Pforte des Hauses setzen und so über die Einrichtung informieren und zwanglos in Kontakt mit den Bewohnern kommen können. Meine Erwartungen sind mehr als erfüllt worden.“