„Wer den Anteil der wohnungslosen Menschen in Bayern als gering bezeichnet, verharmlost das Problem.“
In der Pressemitteilung des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales vom 14. März 2019 hat Sozialministerin Kerstin Schreyer den Anteil der wohnungslosen Menschen in Bayern, der bei 0,01196 liegt (Stichtag 30.06.2017) als gering bezeichnet. Das möchten die Sozialverbände des Münchner Netzwerks Wohnungslosenhilfe so nicht stehen lassen.
„Es verfälscht die Wahrnehmung, wenn man den Anteil der Wohnungslosen mit der Gesamtbevölkerung in Beziehung setzt, und verharmlost die aktuelle Notlage in den Ballungsgebieten“, sagt Elke Prumbach, Geschäftsführerin des Sozialdienstes katholischer Frauen München. In den Großräumen München und Nürnberg gibt es die meisten Beratungsstellen, Notunterkünfte und Übergangseinrichtungen für wohnungslose Menschen. Viele Kommunen schicken deshalb die Wohnungssuchenden auch hierher. In den bayerischen Großstädten ist das Angebot an bezahlbarem Wohnraum aber sowieso sehr knapp, die Lage verschärft sich. Mittlerweile können sich auch Haushalte mit einem durchschnittlichen Einkommen immer seltener die steigenden Mieten leisten.
In der Datenerhebung heißt es, dass in mehr als drei Viertel aller bayerischen Kommunen keine wohnungslosen Menschen verzeichnet sind. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass nur ein Viertel der bayerischen Kommunen sich aller wohnungslosen Menschen in Bayern annehmen muss! Dieser Vergleich zeigt die Dramatik der Lage deutlich besser.
„In München waren vor zehn Jahren 2466 Menschen wohnungslos. Als sich das Münchner Netzwerk Wohnungslosenhilfe 2016 gegründet hat, waren es schon 6782. Im Augenblick gehen wir von fast 9000 Menschen in der Wohnungslosenhilfe aus - 2018 waren in München 8759 Personen akut wohnungslos - , davon rund 1700 Kinder“, sagt Prumbach. „Eine Verdreifachung der Zahlen innerhalb der letzten zehn Jahre macht eher deutlich, wie die Wirklichkeit ausschaut.“