Nach 22 Jahren hat das Frauenobdach „KARLA 51“ eine kleine Tochter bekommen: Knapp 200 Meter entfernt in der Karlstraße 40 wurde heute die „kleine KARLA“ feierlich eingeweiht. Damit stehen künftig 15 zusätzliche Plätze für Frauen in Notsituationen zur Verfügung. Vier Jahre haben Vorbereitung und Sanierung erfordert. Vom 13. August an bekommen die ersten Frauen dann neben einem Dach über dem Kopf und einem Bett auch eine professionelle Beratung.

Isabel Schmidhuber, Leiterin des vom Evangelischen Hilfswerk getragenen Frauenobdachs, dankte bei der Feier allen am Umbau Beteiligten: „Ohne Ihre kreative Hilfe hätten wir das nicht geschafft.“ Auch wenn zu den bestehenden 40 Zimmern jetzt „nur“ 15 Zimmer dazukommen, werde das zweite Haus die Arbeit verändern: „Wir wagen etwas Neues.“ So ist jetzt erstmalig Platz für Mütter mit mehreren Kindern, gibt es die ersten zwei rollstuhlgerechten Plätze im Münchner Akutsystem – und zudem zieht der Schutzraum aus dem Münchner Norden mit vier Notschlafplätzen in die Innenstadt.

Münchens Sozialreferentin Dorothee Schiwy sagte, aufgrund des Zuzugs von 25.000 Personen pro Jahr herrsche „eine Enge in der Stadt“. Ziel müsse es sein, den obdachlosen Frauen nicht nur schnell ein niederschwelliges Angebot zu machen, sondern sie auch dauerhaft in Wohnraum zu vermitteln. Dies sei jedoch immer schwieriger: Konnten 2006 noch 300 Frauen in KARLA 51 aufgenommen werden, waren es im vergangenen Jahr nur 166. Schiwy wünschte dem KARLA-Team „auch weiterhin viel Mut, hier im Herzen der Stadt tätig zu sein“.

Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler segnete die neuen Räume und die Menschen, die dort künftig arbeiten und wohnen, kritisierte gleichzeitig aber auch, dass es solche Einrichtungen überhaupt brauche. „Es ist eine Schande für dieses Land, wenn Frauen keine Wohnung finden, die sie bezahlen können, wenn sie vor der Gewalt ihrer Männer flüchten müssen, um die Kinder und sich selbst zu schützen.“ Niemand dürfe Frauen ihre Würde nehmen, schließlich seien sie „etwas Wunderbares und Töchter Gottes“.

Frauen seien zwar besonders leidensfähig, stellte die Regionalbischöfin fest – „nur klagen können viele von ihnen nicht.“ Dies zu lernen sei eine Herausforderung. Frauen brauchten auch kein Mitleid, sie seien auch keine förderungsbedürftige Klientel, das bisher zu kurz gekommen ist. Und wörtlich: „Frauen wollen Gerechtigkeit.“

Günther Bauer, Vorstand der Inneren Mission und Mit-Geschäftsführer des Evangelischen Hilfswerks, wies auf das göttliche Gebot der Bibel hin, wonach diejenigen, die keine Rechte haben, dem Schutz der Gesellschaft anvertraut sind. „Heutzutage ist dieser Schutz für vulnerable Gruppen nach wie vor nötig.“ Die Anzahl wohnungsloser Menschen habe zugenommen, es sei mehr Unterstützung denn je nötig. Bauer mahnte Bund und Land, dauerhaft zu investieren und Wohnraum für Menschen in prekären Situationen zu schaffen. Es genüge nicht, den Wohnungsbau nur zu fördern und „die Kommunen mit dieser Aufgabe alleine zu lassen“.

Auch die Innere Mission werde ihr Engagement in diesem Bereich künftig verstärken; mittelfristig sei geplant, die Trägerschaft für eine weitere Einrichtung für Frauen in Notlagen zu übernehmen.

Klaus Honigschnabel